Messer fein geschliffen

Die Unsichtbaren - MesserNicht nur die musikalischen Branchenblätter sind vom zweiten Album Die Unsichtbaren der Band Messer begeistert, auch hier im Kleinen Pop-Pourri kommt das Post-Punk-Werk auf den Präsentierteller.

Münster und Punk bringt man für gewöhnlich nicht direkt zusammen. Eher die katholische Kirche, die altehrwürdige Universität und allenfalls noch den slapstick-mäßigen Tatort verbindet man mit der selbsternannten Fahrrad-Hauptstadt. Doch mit der Gruppe Messer artikuliert sich eine neue Vielfalt in der westfälischen Provinz. Ende November hat die Band ihr zweites Album Die Unsichtbaren herausgebracht: Sie widmet es eben jenen “die keiner sieht, deren Leid nicht interessiert, deren Schmerz im Verborgenen bleibt”, wie sie auf ihrer Homepage und der Rückseite des CD-Covers ankündigen.

Zitate aus Wave und Post-Punk

Bereits auf ihrem Erstlingswerk Im Schwindel (2012) hatten Messer ihre Fahrtrichtung klar gemacht, die sie nun auf Die Unsichtbaren fortführen: Für rotzigen Punk sind sie ein bisschen zu unrotzig, für Indie zu derbe – sowohl musikalisch als auch in den Lyrics. Durch die markante, manchmal verzweifelte Stimme von Hendrik Otremba kann man die Band in eine Reihe mit den frühen Fehlfarben oder Rio Reiser stellen. Auch Reminiszenzen an britische Bands – allen voran Joy Division – lassen sich heraushören, etwa in Die kapieren nicht oder Tollwut (mit Schaum vor dem Mund). Das Gemengelage verdeutlicht: Mit reinem Punk haben wir es hier nicht zu tun. Und zeitlich scheint man in den 1980er Jahren zu hängen. Doch von einem bloßen musikalischen Verharren kann bei Messer nicht die Rede sein, vielmehr klaubt sich die Gruppe fein filetierte Zitate aus der Wave- und Post-Punk-Ecke und schleifen sie geschickt in ihr Repertoire ein.

Das Ergebnis sind die zehn Tracks, die Messer bei dem Münsteraner Label “This Charming Man” eingespielt hattte. Alles analog, wie man so liest. Auf reine Handarbeit setzt die Gruppe auch beim Artwork des CD-Covers. Ein düsteres Gemälde von Romy Schneider, angefertigt durch Otremba, der offenbar nicht nur in der Musik sein Ausdrucksmittel sucht. Die Stimmung des Covers gibt schon einen Vorgeschmack auf die Textwelten, die der Vokalist Otremba entwirft. Die sind geprägt von wütender Traurigkeit und so etwas wie der Entfremdung des Ichs von der Welt. Die wavigen und manchmal auch sphärischen Klänge (Einstieg von Tollwut) untermalen dies authentisch. In Tollwut versteckt sich mit dem leisen Refrain “Warmes, trübes Wasser” auch der Hinweis auf die Dark-Wave-Wurzeln, die das Kalte klare Wasser von Malaria adaptieren.

Für detektivisch begeisterte Musikfreunde bieten Messer also eine schöne Spielwiese, gleichzeitig kann die Gruppe einen neuen Sound bieten, der live auch die gewünschte Power hat. (Text: Jenny Lepies)
Zum Reinhören:

 


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